Klavier-Trio: Lauma Skride (Klavier), Harriet Krijgh (Cello), Nikita Boriso-Glebsky (Violine)

Skride-Trio in Neuenhaus: Konzert trotz widriger Bedingungen

Eigentlich hätte das Konzert des Kulturpasses Neuenhaus am Freitagabend gar nicht stattfinden können: Die Geigerin musste die ganze Triotour absagen und bescherte kurzfristig einen wunderbaren Ersatz. Die Cellistin hatte eine entzündete Schulter und musste sich schonen. Die Bahnen und Flugzeuge von Wien und Berlin verkehrten nicht so wie vorgesehen. Dennoch wollte das Skride Trio mit Lauma Skride am Klavier, Nikita Boriso-Glebsky, Violine, und Harriet Krijgh, Cello, unbedingt in Neuenhaus spielen und bereitete so allen Beteiligten einen unvergesslichen Abend. Noch nie hatten die drei Künstler, die sich schon lange kennen und schon viel gemeinsam gespielt haben, in dieser Besetzung zusammen musiziert- bis zur Generalprobe am Donnerstagnachmittag, bei der sie gleich Flügel und Raumakustik mitprobieren konnten. Das Ergebnis war ein wunderbares farbensprühendes Konzert, voll Spannung und Spielfreude.

Das Programm begann mit dem „Geistertrio“ von Ludwig van Beethoven (op. 70/1). Das Trio überfiel das Publikum quasi mit einem intensiv stürmischen Unisono- Beginn mit dem Hauptgedanken des Stücks, der in ein schön gesanglich und detailreich gestaltetes Thema überging. Diese Mischung aus Intensität, großer Spannung und liebvoller feiner Ausgestaltung bestimmte das ganze Konzert und verzückte das gebannte Publikum derart, dass immer wieder zwischen den Sätzen applaudiert wurde. Der langsame 2. Satz, der dem Stück den Beinamen verschaffte, beginnt mit Geige und Cello in fahlem Unisono, das dann durch Pulsieren im Klavier unterlegt wird. Erst mit der Zeit entwickelt es sich zu einem dichten gesanglichen Geflecht von verschiedenen Gestalten desselben Motivs, die von flirrenden Trillern, Tremolo oder statischem Pulsieren gespenstisch unterlegt wird. Fröhlich verspielt kommt dann der letzte Satz daher: in rasantem Tempo wirbelten die Finger der Pianistin in Läufen und Arpeggien über die Tasten, strichen die Streicher energisch aber sensibel im lebendigen Zwiegespräch klar und warm ihre Saiten.

Das nächste Stück war nun die Sonate A- Dur für Violine und Klavier von Cesar Franck, die ursprünglich sein Hochzeitsgeschenk für den Geiger Eugene Ysaye war. Heute ein „Standardstück“, das beide Musiker im Repertoire haben und das sich deshalb quasi aus dem Stand vorspielen ließ, damals spielte der Bräutigam die Sonate nach kurzer Probe gleich bei seiner eigenen Hochzeitsfeier. Von Notfallplan war allerdings nichts zu merken, ganz im Gegenteil, die Sonate wurde zu einem Beispiel großen Dramas: versunken geheimnisvoll beginnend entwickelte sich auch hier ein lebendiges Zusammenspiel der jubelnden Geige mit der selbstbewussten Begleitung. Hier war besonders gut die phantastische Ausdruckskraft von Geiger und Instrument zu hören, die von krachenden Klanglawinen hoch auf der G- Saite bis zu zuckersüßen zarten Linien reichte. Lauma Skride legte mit müheloser Virtuosität bestens dosiert donnernde Akkorde und weich rollende Brechungen hin, während Nikita Boriso-Glebsky wieselflink und mit großer Geste genauso den Raum füllte. Die romantische Leidenschaft des 2. Satzes führte zu ruhigem Gewicht und zarter Süße im träumerisch versunkenen 3. Satz. Ruhig fließend, wie Vogelgesang begann der letzte Satz, der wieder zu großer Kraft und Intensität im Wechselspiel aufblühte.

Das abschließende Schubert Trio, B- Dur op. 99, ist eins von Schuberts großen Spätwerken sinfonischen Ausmaßes. Auch dieses Werk lebt von großen Gegensätzen, sei es im ersten Satz mit seinem beseelten Beginn und großen Kontrasten zwischen lyrischen und kraftvoll intensiven Teilen, sei es im innigen einander Umranken der Motive der sanft schwelgenden Barcarole des Andante. Das Scherzo gestalteten die drei Künstler mitreißend verschmitzt und humorvoll, mit weich gesanglichem Trio, bevor das finale Rondo verspielt und leicht, schnell und pointiert vorgetragen wurde und immer wieder mit blitzartigen Ausbrüchen von Kraft und nicht nachlassender Spannung das Publikum fesselte bis zur blitzartigen Stretta der Coda. Lauma Skrides Spiel, sei es quasi krachend kraftvoll oder leichtfingrig frech harmonierte großartig mit Nikita Boriso- Glebskys unglaublich breitem Ausdrucksspektrum und Harriet Krijghs präsenter sensibler Spielweise mit warmem vollem Ton. Nach begeistertem Jubel beschlossen die drei Musiker das großartige Konzert mit dem langsamen Satz aus Clara Schumanns Klaviertrio: intensiv strahlend freundlich und zum immer weiter Mitträumen einladend.

Text: Monika Neumann, Foto: Julia Henkenborg