Als “Gitarrennacht der Superlative” war das 10. Konzerthighlight der Niedergrafschaft angekündigt worden. Der Veranstaltergemeinschaft von Kulturpass Neuenhaus, Konzept Kultur Emlichheim und Musikschule Niedergrafschaft war es mit Unterstützung der Grafschafter Volksbank und der Volksbank Niedergrafschaft gelungen, drei der größten Gitarrenvirtuosen einzuladen. Und was die Zuhörer in der überfüllten Aula erlebten, das rechtfertigte diese Bezeichnung durchaus. Aus Paris war Sylvain Luc angereist, aus New Jersey Al di Meola mit seinem sardischen Partner Peo Alfonsi. Für Luc und di Meola war es bereits der zweite Auftritt in Neuenhaus.
Beide werden seit vielen Jahren von der Fachpresse als Ausnahmeerscheinungen auf ihren Instrumenten gefeiert. Davon konnte sich am Freitagabend auch das hiesige Publikum wieder überzeugen. Begeisterter Beifall, ja lauter Jubel begleiteten ihre Musik durch das gesamte über drei Stunden dauernde Konzert hindurch.
Der Abend begann mit dem Soloauftritt Sylvain Lucs auf E-Gitarren. Er erzählt auf seinem Instrument musikalische Geschichten, zunächst in auffällig gebremstem Klang ohne Nachhall der Töne. Diese Geschichten enthalten zahlreiche lyrische Elemente. Aber bei den Lyrismen bleibt es nicht. Sie entwickeln sich, wachsen hinein in ekstatische Ausbrüche. Immer bleibt der Künstler äußerlich ruhig. Seiner enormen Technik scheinen keine Anstrengungen zu entsprechen. Zu seinem Spiel gehören Anklänge an Bekanntes. Da gibt es eine ironisch gebrochene Auseinandersetzung mit dem “Concierto di Aranjuez” als humorvollen Abschluss einer gekonnten Improvisation. Und gleich darauf folgen beseelte Variationen über den Judy-Garland-Hit “Somewhere over the Rainbow”. Insgesamt scheint Luc dabei den Kontakt mit dem Publikum zu genießen.
Nach der Pause dann das beeindruckende Akustik-Gitarren-Duo Al di Meola und Peo Alfonsi. Ihr Zusammenspiel ist im besten Sinne als dramatisch zu bezeichnen. Verblüffend ist es anzuhören, wie traumhaft sicher Alfonsi die Inspirationen di Meolas aufnimmt und weiterentwickelt. Kaum etwas ist zunächst von dessen reißerischem Attribut als “schnellster Gitarrist” zu spüren. Di Meola gibt die Melodien vor und akzentuiert die Bassbegleitung, Alfonsi respondiert mit genau abgestimmten Mittelstimmen.
Sicherlich rast di Meola auch gelegentlich mit den Fingern über die Bünde, aber immer steht diese Ausnahmevirtuosität im Dienst des Ganzen der Musik der beiden. Dieser aber gelingt es durch überbordende Kreativität das Publikum nicht nur zu überraschen, sondern gelegentlich auch zu entrücken, zu entrücken in die fernen Welten, aus deren Traditionen sich di Meolas Können speist und die er den Hörern unnachahmlich nahebringt.
Kurz vor elf war es schon, als sich die drei Gitarristen zu einer viertelstündigen Jam Session zusammenfanden, die die Erlebnisse des Abends noch einmal bündelte, in der Sylvain Luc sein Instrument bis an die Grenze der Hörbarkeit führt und die schließlich mit “Manha Carnaval” aus dem Film “Orfeu Negro” besinnlich ausklang.
Den stürmischen Beifall mit Standing Ovation nahmen die drei offensichtlich auch mit ihrem Publikum höchst zufriedenen Künstler freudig entgegen.
Sylvain Luc