Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys haben am Donnerstagabend im Lise-Meitner-Gymnasium in Neuenhaus ein Konzert gegeben. Der Sänger und Musiker bewies eindrucksvoll, dass er nicht nur als Tatort-Kommissar eine gute Figur abgibt.
Halbnackt erscheint Ulrich Tukur auf der Bühne des Lise-Meitner-Gymnasiums in Neuenhaus, oben in eleganter Abendgarderobe, unten herum nur mit Socken bekleidet. Zwei der ihn begleitenden Rhythmus-Boys stolzieren dort im Transenoutfit herum, Kalle Mews tänzelt gar im Tutu, Günter Märtens, ohnehin ein wahrhaft langer Lulatsch, als kopfloser Riese verkleidet. Passend zur US-amerikanischen Herkunft der meisten von ihm angestimmten Lieder erklärt Tukur den gastgebenden Ort zu New House in West Virginia und brabbelt in munter wasserfallartigen und mitunter gänzlich unverständlichen Wortschwallen englischer Sprache zum Beispiel etwas vom Motto des Abends: Let’s misbehave! (“Benehmen wir uns daneben!”). Tukur erweist dabei Oscar Wilde seine Reverenz, stimmt ein Loblied auf die Vulgarität an, und ruft den Slogan aus “Everybody’s swinging today!”
Doch nach diesem Mummenschanz und diesen übermütigen, in lächerlich snobistischer Weise vorgetragenen Kapriolen geht es musikalisch richtig zur Sache. Der mittlerweile der Gelegenheit angemessen gekleidete Ulrich Tukur brilliert stimmlich und am Klavier bei der Interpretation beschwingten amerikanischen Swings und Jazz, darunter auch jener Song “Let’s Misbehave”, der sich als ein Titel des legendären Cole Porter herausstellt. Begeistert erweist Tukur jenem von den zwanziger Jahren bis weit in die Nachkriegszeit aktiven Komponisten von unzähligen Evergreens und auch etwa von Musical-Welterfolgen wie “Kiss Me Kate” seine Reverenz. Er gibt dazu munter Anekdoten zum Besten, auch über seine Freunde und musikalische Weggefährten Irving Berlin und George Gershwin. …
Doch auch seine Musiker, neben Günter Märtens am Kontrabass sind das Ulrich Mayer an der Gitarre und Kalle Mews am Schlagzeug, beeindrucken mit Soli und einzelnen komödiantischen Einlagen. Allein wenn sich die drei Herren völlig unterschiedlicher Körpergröße wie äußerst diskrepante Orgelpfeifen nebeneinander auf die Bühne stellen, sorgt das für ein gehöriges Schmunzeln im Publikum. … … Jenes Publikum verzeiht den Herren auf der Bühne ganz offenbar auch die ein oder andere Geschmacklosigkeit, begeistert erkämpft es sich noch die eine oder andere Zugabe, bei denen wieder ganz neue Facetten hervorscheinen, zum Beispiel gibt es da auf einmal noch etwas in perfektem Italienisch zu hören und eine mit elektronischen Mitteln verfremdete Fassung von “La Paloma Ade” mit Schiffsmotorengedröhne und Möwenkreischen. So bekommt man noch einmal Lust auf viel mehr, doch dann klappt jemand den Klavierdeckel demonstrativ zu, man darf nach Hause gehen.