Mathias Richling

Der "Richling-Code" begeistert im Lise-Meitner-Gymnasium in Neuenhaus

Wie im “Da-Vinci-Code” geht es auch im “Richling-Code” um das Entlarven. Entsprechend orientiert sich das Bühnenbild des Regisseurs Günter Verdin an Leonardo. Wie im “Abendmahl” führen Türen nach außen, dominiert die breite Tafel, das Tischtuch allerdings in den Bundesfarben und davor eine goldgerahmte politische Deutschlandkarte, unter der freilich im Laufe des Abends eine Mona Lisa mit dem Gesicht Angela Merkels aufgedeckt wird.

Auf der Tafel stehen zunächst verdeckte Politiker-Namensschilder. Nacheinander dreht Richling diese um und parodiert fast 20 Namensträger auf seine unnachahmliche Weise. Das reicht vom gewöhnlichen Westerwelle-Bashing bis zur wunderbaren “politischen Philosophie” des Rauchers Helmut Schmidts mit dem vermeintlichen Gegensatz von Volk und Staat. Und in der Mitte der Tafel thront das rote Kurzjackett der Kanzlerin, deren Redebeiträge jeweils durch ein Glockenzeichen angekündigt werden, und deren Handbewegungen genau so treffend sind wie ihre verschwommenen Worte.

Solche Parodien bergen immer die Gefahr in sich, dass Satire zur Comedy verkommt. Aber genau das vermeidet Richling haarscharf. Denn er entlarvt die Amtsträger mit Hilfe ihrer Sprache. Es ist bewundernswert, wie es ihm dabei gelingt, Tonfall, Dialekt und Geisteshaltung präzise zu treffen. Dabei ist die Auswahl der Parodierten stets auf der Höhe der Zeit. Das ist bei einer schon über ein halbes Jahr langlaufenden Tournee nicht selbstverständlich. Guttenberg und Mappus kommen gar nicht mehr vor, der tote Osama bin Laden sehr wohl.

Das ganze Programm ist abgestimmt auf eine generelle Kritik der Parteiendemokratie unsere Zeit. Deshalb sind auch kleine Lichter wie Bosbach, Pofalla und Ernst so wichtig. Selbstverständlich schont Richling keine politische Richtung. Denn unsere Politik ist medienorientiert-hektisch und verfehlt die eigentlich wichtigen Menschheitsfragen. Deshalb berührt Richling immer wieder weitere Zusammenhänge, etwa wenn er Joachim Bublath den Darwinismus erklären lässt oder sich mit der Frage, ob in dieser Hinsicht nicht Gott als Höherentwicklung des Menschen anzusehen sei, sogar Hochtheologisches streift.

Witz und Können, unerwartet treffende Pointen, komische Gestik und Mimik waren die Markenzeichen dieses eindrucksvollen Abends. Für den begeisterten Beifall dankte Richling mit zwei Zugaben, zuletzt mit dem urkomisch-rätselhaften Gespräch zwischen Rainer Brüderle und einem chinesischen Reporter.

 

Text: Jörg Leune, Fotos: Gerold Meppelink