Beglückenden Jazz an einem Maiabend durfte das Publikum in der Kapelle von Kloster Frenswegen erleben. Am Freitagabend spielte und faszinierte im Rahmen seiner Europa-Tournee das Ron-Carter-Trio.
In der überfüllten Klosterkapelle erlebten die Zuhörer am Freitagabend so etwas wie eine musikalische Offenbarung. In Kooperation mit dem “Kulturpass Neuenhaus” war es den Freunden und Förderern des Klosters gelungen, die Jazz-Legende Ron Carter zu verpflichten.
Mit seinem “Golden Striker Trio” fand eins seiner sechs Europa-Konzerte in der Grafschaft statt. Als “Weltstar” hatte Heinz-Hermann Nordholt ihn in seiner Begrüßung zu Recht angekündigt. Denn seit 50 Jahren steht Ron Carter für innovatives Kontrabassspiel, und er hat an über 2500 Alben mitgewirkt. Dieser aristokratisch wirkende “Grand Old Man” betrat mit zwei Jüngeren Sidemen die Bühne, dem Gitarristen Russell Malone und dem Pianisten Donald Vega. Beide sind anerkannte und hochgelobte Meister der New Yorker Jazzszene. Und dennoch sind sie im Laufe des Abends dazu verurteilt, in Carters Schatten zu stehen, trotz der traumhaft sicheren Abstimmung der drei Instrumente untereinander.
Denn Ron Carter, der vor einer Woche 75 geworden ist, der aber spielt, als ob er ein junger Mann sei, zieht in seinem furiosen Umgang mit dem Instrument die Augen und Ohren aller auf sich. Vergessen ist, dass der Bass im Jazz ursprünglich in der Slap-Technik als reines Rhythmus-Instrument fungierte oder als “Walking Bass” nur die Viertelnoten markierte. Carter benutzt gelegentlich Walking-Bass-Figuren, aber sie sind immer eingebettet in das große Ganze seines Spiels. Das aber ist mit beiden Händen ganz hohe Kunst, offensichtlich auch vom Cellospiel gespeist.
Da gibt es mehrstimmige Passagen zu hören, da klingt ein wenig Bach an, da erlebt man wunderbare Lagen- und Tempowechsel. Zum Pizzicato-Spiel benutzt er mehrere Finger einschließlich des Daumens. Und aus dieser technischen Perfektion ergibt sich eine wunderbare Polyphonie mit den beiden anderen Instrumenten. Auf diese Weise werden auch klassische Standards zu neuen Erlebnissen. Einer der Gründe, weshalb ihm diese Europa-Tournee so gefalle, sei die Möglichkeit seine “Favorite Tunes” zu spielen.
So beginnt Vega in “My Funny Valentine” mit der schlichten Darbietung der Melodie, die er allmählich immer weiter auszuzieren beginnt. Dazu fügt der Bassist kleine Sequenzen, die sich auf eben diese Melodie und ihre Auszierung beziehen. Mit einem betörend schönen Piano-Solo wird der Titel weiterentwickelt. Ähnlich eng ist die musikalische Beziehung zu Malones auffällig softem Gitarrenklang. Immer wieder ergibt sich im Zusammenspiel von Gitarre und Bass eine so enge Verbindung, dass man ein einziges Instrument zu hören meint. Aber ebenso frappierend gut ist die Abstimmung auch zwischen der Gitarre und dem Klavier.
Ganz anders gestalten die drei die “Autumn Leaves”. Hier steht die Melodie gewissermaßen im Hintergrund, wird als bekannt vorausgesetzt, während das Trio gemeinsame Fantasien über das Tonmaterial gestaltet. Immer wieder lächelt Carter dabei seinen Sidemen zu, freut sich mit ihnen über gelungene Passagen und schiebt sie, ganz Gentleman, beim stürmischen Beifall des Publikums in den Vordergrund.
Nach dem zweiständigen Konzert gab es keine Zugaben. Zum Glück denn das ganze Konzert war eine einzige Zugabe. Nachdem die drei Musiker die Kapelle verlassen hatten, spendete das Publikum noch minutenlang stehend Beifall.