John McLaughlin

Jazz und Rock in der vierten Dimension. John McLaughlin und Band begeistern 400 Zuschauer in der Neuenhauser Schulaula

Er ist 66 und immer noch unersättlich im Suchen nach neuen Wegen in der Musik, so auch am Sonntagabend vor 400 Zuschauern in der Neuenhauser Schulaula mit seiner derzeitigen Band “The Fourth Dimension”.

John Mc Laughlin hat mit seinen Gitarren Jazz- und Rock-Geschichte gemacht. Er begann als Bluesrocker, begleitete Miles Davis 1969 elektronisch bei den legendären “Bitches Brew”-Aufnahmen, feierte ab 1971 Triumphe mit seinem “Mahavishnu Orchestra”, wandte sich der indischen Musik zu, hatte seinen größten musikalischen Erfolg in der 1981 gemeinsam mit Al di Meola und Paco de Lucia produzierten Platte “Friday Night in San Francisco” (auf akustischen Instrumenten), gestaltete mit seiner damaligen Lebensgeführtin, der klassischen Pianistin Katia Labeque und deren Schwester Marielle “Love of Colours”.

Zurzeit verschreibt er sich wieder der Jazz/Rock-Fusion, gemeinsam mit drei Musikern die von unglaublichem technischem und musikalischem Können so zusammen wirken, als spielten sie gemeinsam ein einziges Instrument.

Dabei stand der Beginn der diesjährigen Tournee unter keinem Glücklichen Stern. Unmittelbar vor dem Auftaktkonzert in Monte Carlo hatte sich der Bassist der Gruppe, der junge Hadrien Féraud, einen Finger gebrochen. Sein Lehrer Dominique di Piazza sprang für ihn ein, nachdem er sich auf einer vierständigen Autofahrt für den Auftritt geistig warm gemacht hatte.

Nicht eine Sekunde lang hatte man im Neuenhauser Forum den Eindruck, als sei di Piazza ein Ersatzmann. Freilich hat er, der übrigens außer Musiker auch Theologe ist, schon vor zehn Jahren gemeinsam mit McLaughlin musiziert. Er spielt den Bass so virtuos wie eine Gitarre, und setzt dabei den Daumen ebenso gekonnt ein, wie die Finger. Seine stets gut abgestimmte und polyphon geführte Begleitung wechselt mit schnellen Lauffiguren. Dabei steht er zurückhaltend und abgeklärt, aber stets aufmerksam, im Hintergrund und tritt nur zum furiosen Solo einer Eigenkomposition in die Bühnenmitte.

Ganz gegensätzlich wirkt Gary Husband. Er traktiert seine drei Keyboards mit ständiger Emotion, gibt dieser in seiner Mimik deutlichen Ausdruck und legt unter vollem Einsatz aller Register ein vielfältiges Soundfundament für die drei anderen. Gelegentlich wechselt er auch an ein kleines Drumset.

Einen überwältigenden Eindruck hinterließ der Perkussionist Mark Mondesir. Selten hat man einen Schlagzeuger so sensibel begleiten hören. Er trommelt, dem Publikum stets zugewandt, nicht nur Rhythmus sondern auch Melodie. Das wird besonders in seinem obligaten Solo deutlich, das nichts vom üblichen “Hau den Lukas”-Gebaren an sich hat, sondern von höchst differenziertem Charakter ist, wobei die Augen seinem Wirbeln nicht mehr folgen können.

John McLaughlin, der übrigens die Ansagen auf Deutsch machte, zeigte in seinen Soli alle Register seines weltbekannten Könnens. Mancher Zuhörer hätte vielleicht gern etwas mehr Blues- oder Swing-Elemente gehört, aber der Wirkung seines elektronisch verstärkten kammermusikalischen Spiels konnte sich doch niemand entziehen. Rasende Läufe, Glissandi, musikalische Aufschreie, die gelegentlich an den Klang des Saxophons von John Coltrane oder der Trompete von Miles Davis erinnerten, fesselten das Publikum immer wieder. Dazu formte er komplizierteste rhythmische Strukturen auf dem Hintergrund der ausgewogenen Begleitinstrumente und fesselte durch eine überaus farbige Dynamik.

Eine furiose “Battle of Drums” von Mark Mondesir und Gary Husband beendete dieses eindrucksvolle Konzert von vier Meistern ihrer Instrumente. Für die Standing Ovation des großen Publikums bedankten sich die Musiker mit einer einfühlsam gestalteten Ballade.

Text: Jörg Leune, Fotos: Gerold Meppelink