Manfred Krug und Uschi Brüning

Ein großer Abend der leisen Töne. Manfred Krug, Uschi Brüning und "Jazzin’ the Blues" überzeugen in Neuenhaus

Es gab keine Standing Ovation und keinen frenetischen Beifall im mit mehr als 300 Zuhörern dicht besetzten Forum. Dennoch war es ein ganz großer Abend. Zum “7. Niedergrafschafter Konzerthighlight” hatten Kulturpass, Bürgergemeinschaft Emlichheim und Musikschule Niedergrafschaft Manfred Krug nach Neuenhaus eingeladen. Er trat gemeinsam mit der Sängerin Uschi Brüning und der Combo “Jazzin’ the Blues” auf.

Der Grund für die Zurückhaltung war, dass der große Star und dasselbe gilt für die anderen fünf  keinerlei Starallüren zeigte, sondern als Privatmann auftrat. Krug erzählte aus seinen zwei Leben, dem in der DDR, das mit der Biermann-Ausbürgerung endete, und dem im Westen. Er berichtete von seinen Karrieren als Sänger und Komponist, als Schauspieler und davon, wie er sich jetzt aufs Schreiben verlegt habe, womit er in der Nachfolge von Goldoni, Moliere und Shakespeare stehe.

Manfred Krug knüpfte an seine Sängerkarriere an, indem er von ihm selbst ins Deutsche übersetzte US-Oldies gestaltete und englische Originale sang. Sein Stil ist dabei der eines Chansonsängers, dem die Gestaltung der Texte das Wichtigste ist. Nicht immer trifft er ganz den richtigen Ton. Das mag an der “Schweinegrippe” gelegen haben, mit der er kokettierte.

Wahrscheinlicher aber ist, dass seine Art zu singen sein persönlicher Stil ist. Darin ist er Louis Armstrong vergleichbar, ebenfalls einem Vollblutmusiker, der dennoch nicht immer den rechten Ton zu treffen schien. Sicher nicht zufällig schloss der Abend mit Krugs deutscher Version von Armstrongs Klassiker “When it’s Sleepy Time Down South”.

In seinen schönen Duetts mit Uschi Brüning überzeugte die Sängerin musikalisch freilich stärker als ihr berühmter Kollege. Sie wirkt äußerlich wie eine freundliche Deutschlehrerin, aber ihr Gesang ist absolut betörend. Die vier Musiker von “Jazzin’ the Blues” unterstützten die Sänger meisterlich. Matthias Bätzel gab am Keyboard Harmonien und Rhythmus vor, Andreas Bicking blies wunderbare Tenorsaxophonsoli, ein besonders aufwühlendes in “Black Coffee”. Wolfgang Schneider als alter Weggeführte vom Günter-Fischer-Quintett, mit dem Krug und Brüning in der DDR musiziert hatten, spielte ein angenehm kammermusikalisches Schlagzeug, und der ehemalige “Karat”-Bassist Henning Protzmann unterstützte den Gesang mit präzisen Linien.

Nach einem Auftrittsduett beider Sänger gestaltete Uschi Brüning den ersten Teil des Abends. Ihre ausdrucksfähige Stimme mischte sich perfekt mit den Klängen der Instrumentalisten. Hier begleitete nicht etwa eine Combo die Sängerin, sondern alle fünf verschmolzen zu einer Einheit. Brüning sang Klassiker und Texte von Manfred Krug.

Einen Höhepunkt des Abends bildete dann vor der Pause Krugs Lesung aus seinem 2008 erschienenen Buch “Schweinegezadder. Schöne Geschichten”. In “Brutparasit” geht es um einen talentlosen Schauspieler, dem von einem Fabrikanten ein Engagement im Vogelkostüm auf der Weltausstellung in St. Petersburg angeboten wird. Er darf  “in der größten Kuckucksuhr der Welt” einige wenige Tanzschritte machen und muss “Kuckuck” rufen. Der Text ist eine gelungene Satire auf die Marginalisierung der Kunst in einer von Wirtschaft und Medien bestimmten globalen Gesellschaft. Die kurzen prägnanten Sätze des Textes sagen mehr über den Zustand unserer Gesellschaft aus als mancher gelehrte Feuilleton-Artikel. Vor allem aber ging der Vortrag unter die Haut. Manfred Krug ist eben doch mehr als der Privatmann, der er zu sein vorgibt. Er ist der große Schauspieler, der vielleicht doch nicht “immer nur sich selber spielte”.

Text: Jörg Leune