Klaus Doldinger & Band

Doldinger in der Medina von Marrakesch. Jazzlegende und seine Band ""Passport"" begeistern knapp 400 Besucher in Neuenhaus

Mit der Jazzlegende Klaus Doldinger ist der Kulturpass-Initiative Neuenhaus, der Bürgergemeinschaft Emlichheim sowie der Musikschule Niedergrafschaft ein ganz großer Fang für das Kulturprogramm der Region gelungen. Der 70-jährige präsentierte mit seiner Band “”Passport”” vor knapp 400 Zuschauern eine mitreißende Tour de Force durch sein vielseitiges Repertoire.

Im Mittelpunkt des Konzerts standen indessen insbesondere Titel aus dem aktuellen Album “Passport to Morocco”. Es gleicht einer Hommage an die musikalische Kultur des nordafrikanischen Landes, wo die Gruppe sich in den vergangenen Jahren des Öfteren aufgehalten hat. Die Spielfreude der Altrocker, die zum Teil schon seit Jahrzehnten mit Doldinger zusammen auftreten, zog den überwiegenden Teil des Publikums ganz in ihren Bann.

Furios und recht unvermittelt ging es mit dem Titel “Boogie”, einer schrillen Komposition mit harten E-Gitarrenklängen los, deren Leitmotive an verzerrte Blaulichtsirenen erinnerten. Die Lautsprecherboxen der Schulaula waren bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit beansprucht. Ein wenig überraschte es dann schon, als sich der Kopf der Gruppe im Anschluss mit der eher zurückhaltenden Stimme eines freundlichen älteren Herrn mit bayerischem Akzent zu Wort meldete, der jegliches weltmännische Imponiergehabe oder Starallüren vermissen ließ.

Dass der Jazzformation auch im musikalischen Sinne die leisen Töne nicht fremd sind, zeigte sie etwa mit “Ataraxia”, einem Stück aus den 70er Jahren mit sphärisch-meditativen Klängen, oder dem aktuellen “Medina” mit weichen, mäßig anschwellenden Rhythmen, das mit den Stimmen eines Imams unterlegt ist und typische Elemente orientalischer Musik aufweist.

Während Doldinger selbst in der Regel zu Tenor- und Sopransaxofon griff, zeigte er bei “Riyad El Cadi”, einer Komposition, die die Atmosphäre eines gleichnamigen Hotels in Marrakesch musikalisch nachempfindet, an einem der Panflöte ähnlichen Instrument. Mit außerordentlicher Brillanz bei den extrem schnellen und prägnant gesetzten Tönen setzte er interessante Akzente. Überhaupt zeigte die Gruppe immer wieder Einfallsreichtum beim elektronischen Einspielen von aufgenommenen Klängen, sei es die Aufnahme des belebten “Dhema El-Fna”-Platzes in Marrakesch, bei dem sich Klänge eines orientalischen Basars mit dem Verkehrslärm einer modernen Großstadt vereinen, sei es der unverwechselbare metallische Nachhall, der für den Titelsong zu “Das Boot” verwendet wurde.

Nahezu bei jedem Stück gab es Raum für Improvisationen bei längeren Solopartien der einzelnen Instrumente, denen sich die Akteure an Keyboards, E-Gitarren und den verschiedensten Schlaginstrumenten mit ungehemmt ausgelassener Spielfreude hingaben. Immer wieder entwickelten sich daraus auch dialogisch angelegte Phasen, bei denen zwei Instrumente sich gegenseitig überboten, musikalische Themen auf jeweils eigene Art und Wiese interpretierten und so den Charakter eines Stücks stark modifizierten.

So verging die Zeit wie im Flug, doch auch nach zweieinhalb Stunden wollte das Publikum die Band noch nicht so einfach von der Bühne lassen. Es dauerte indessen ein wenig, bis die Jazz-Veteranen der Welle der Begeisterung nachgaben und ihr swingendes “”Fifty Years Later”” als Zugabe spielten, eines am 8. Mai 1995 anlässlich des 50-jährigen Endes des Zweiten Weltkriegs bei einem offiziellem Anlass zuerst präsentierten Stücks, bei dem sich alle Instrumente noch einmal so richtig verausgaben können.

Text: Marcus Pfeifer, Fotos: Gerold Meppelink